Pyramide

Klausenbaum, Offenbacher Monatsrundschau 1939Zu den besonderen Werken erzgebirgischer Volkskunst gehört die mehrstöckige Weihnachtspyramide. Sie nimmt im Erzgebirge oft die Stelle des Weihnachtsbaumes ein und gehörte bereits im 18. Jahrhundert zur weihnachtlichen Ausstattung der Kirchen.

Ihre vom Weihnachtsbrauchtum unabhängigen Vorläufer findet man schon im 16. Jahrhundert in Böhmen, wo mit Kerzen bestückte pyramidenartige „Trauergerüste“ zu Bestattungen gehörten. Im Berliner Raum sind seit 1800 weihnachtliche Stabpyramiden dokumentiert, deren Form sich ähnlich bei den thüringischen und norddeutschen „Reifenbäumen“ oder den bayerischen „Klausenbäumen“ wiederfindet. Die älteste erhaltene warmluftgetriebene Weihnachtspyramide steht im Erzgebirgsmuseum in Annaberg und ist die „Lenzsche Pyramide“ aus der Zeit um 1800. Sie ist noch mit Rüböllämpchen versehen, später wurden die Pyramiden durch Kerzen angetrieben. Erst ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts sind Weihnachtspyramiden vor allem im Erzgebirge häufig als Bestandteil der häuslichen Weihnacht erwähnt. Es gibt verschiedene Grundformen der Weihnachtspyramiden: die Stab-, Stufen- oder Ständerpyramide, die auch noch in ihrer äußeren Erscheinung als Göpel-, Turm- oder Hängepyramide variieren kann.

Weihnachtspyramide aus dem ErzgebirgeEine einfache Weihnachtspyramide besteht aus einer Mittelachse an der in unterschiedlichen Höhen Scheiben (Teller) und am oberen Ende ein Flügelrad befestigt ist. Das untere Ende ist spitz zulaufend und ruht in einer Vertiefung in einer Bodenplatte. Außen, aber innerhalb des Durchmessers des Flügelrads, sind Kerzen angebracht. Die entstehende Warmluft treibt das Flügelrad an, das sich und die durch die Achse mit ihm verbundenen Tellerebenen in Drehbewegung setzt.

Die Adventspyramide, Adventskalender, Kurt Eichler 1954Zu der Pyramidenkonstruktion gehört auch die figürliche Ausstattung auf den Drehtellern. Zunächst standen die Einzelfiguren abnehmbar auf dem Teller, später wurden sie fest als unveränderliches Figurenprogramm angebracht. In ihrer klassischen Bestückung finden sich neben der Darstellung der Geburt Christi nebst den Hl. Drei Königen auch Waldszenen mit Tieren, manchmal Jagdmotive aber stets auch Bergleute mit ihren Arbeitsgeräten.

Weihnachtspyramiden wurden bis zur Wende zum 20. Jahrhundert nur als Einzelstücke hergestellt und nur innerhalb der Familien weitergegeben. Dies änderte sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts als eine industrielle Massenfertigung begann, was für eine starke Nachfrage nach diesem Artikel spricht.

Die erste nachweislich gewerbliche Pyramidenproduktion lief in der Holzwarenfabrik Carl Ludwig Flemming in Globenstein im Jahr 1902 an. Bereits wenig später ist auch in Seiffen eine gewerbliche Herstellung zu verzeichnen.

1933 wurden in Frohnau und ein Jahr später in Schwarzenberg die ersten großen Schaupyramiden im Freien aufgestellt.