Nussknacker
Einen besonderen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad haben die Nussknacker aus dem Erzgebirge erlangt.
Figürlich gestaltete Nussknacker tauchen im Erzgebirge nicht vor der Mitte des 19. Jahrhunderts auf – zumindest fehlen Belege durch Musterbücher, Preislisten oder gar Originale aus der Zeit. Vorbilder sind jedoch in den Rhöner Wackelfiguren, den Oberammergauer Hampelmännern und den Grödener Groteskfiguren zu finden, die alle figürlich gestaltet und mit beweglichem Unterkiefer ausgestattet sind. Auch die bereits seit 1735 bekannten Thüringer Nussknacker könnten als Anregung gedient haben. Dass man Nussknacker mit Weihnachten verbindet könnte an ihrem verstärkten Gebrauch beim Backen in der Weihnachtszeit liegen.
Der Urtyp des gedrechselten erzgebirgischen Nussknackers wurde etwa um 1865 in der Werkstatt von Wilhelm Friedrich Füchtner (1844-1923) geschaffen, als er aus Fichtenholz den Nussknacker aus der Geschichte von Heinrich Hoffmann „König Nußknacker und der arme Reinhold“ (1851) nachbilden wollte. Es entstand der Prototyp des Modells „König“. Die Füchtner-Nussknacker zeichnen sich durch ihre klare Grundform und die charakteristische Bemalung in Rot und Gelb oder Blau und Orange aus. Der Uniform-Rock ist mit einfachen Punkten und Strichornamenten verziert. Die Kopfbedeckung des Königs entspricht dem Schachthut des Bergmanns, der durch aufgemalte goldene Zacken zur Königskrone wird. Augen, Schnauzbart und Füße wurden früher aus Brotteig geformt. Als Kinnbart und Kopfhaar verwendete man vor allem Kaninchenfell.
Als symbolischer Vertreter der weisungsgebenden Schichten entwickelte man neben dem König auch grimmig-bärbeißige Soldaten, Förster, Polizisten und Feuerwehrmänner, die sprichwörtlich „die harten Nüsse zu knacken bekamen“. Aber auch gutmütige Figuren des Alltags oder aus Geschichten bereicherten das Angebot.
Bekannte Namen der Nussknackermanufaktur aus ersten Tagen sind darüber hinaus Louis Gläser oder Otto Ulbricht, deren Familien bis heute im Geschäft sind und die Individualität ihrer Nussknacker erhalten. Auch der Seiffener Spielzeugmacher Richard Langer (1887-1957) stellte etwa seit 1910 auch Nussknacker her. Die von ihm entwickelte Figur mit gedrungener Gestalt, schräg angeschnittenem Hut und runder Knopfnase hat sich zu einer eigenständigen, typischen Form entwickelt.
Der gedrechselte Nussknacker mit seinen ca. 30 Einzelteilen entsteht in etwa 130 Arbeitsgängen. Zunächst dreht der Hersteller aus einem Vierkantholz mit der „Schruppröhre“ und dem Meißel eine Walze in einer bestimmten Stärke. Dann erfolgt das Anreißen der Einkerbungen von Kopf, Hals und dem Rockende, wobei sich der Oberkörper bis zum Rockende erstreckt. Im Unterschied zur historischen Herstellungsweise, bei der Füße und Nase aus Brotteig frei modelliert wurden und das „Maul“ des Nussknackers mit einem flachen Schnitzeisen aus dem Oberkörper ausgestemmt wurde, werden heute Arme, Beine und Sockel gedreht und Füße und Nase aus vorgesägten Holzklötzchen geschnitzt. Das „Maul“ wird heute in den Oberkörper eingefräst. Der für das Knacken notwendige Hebel wird mit der Bandsäge ausgeschnitten und mit einem kräftigen Stift im Innern des „Maules“ befestigt. Nach dem Zusammenleimen der Einzelteile wird die Figur noch beschnitzt, dann grundiert und geschliffen. Die farbige Fassung mit dem Pinsel erfolgte traditionell mit Leim- oder Plakatfarben. In der heutigen, modernen Herstellung wird zumeist mit gesprühten Lackfarben gearbeitet. Die Bart- und Kopfhaare werden zuletzt an der Figur angeklebt.