Adventskalender
Adventskalender sind Hilfsmittel, ersonnen von Erwachsenen für die Kinder, um die verbleibende Zeitspanne bis zur Heiligen Nacht anschaulich zu machen und die Vorfreude zu schüren. Sie gehen mit Sicherheit viel weiter in die Vergangenheit zurück als archivalische Belege vorliegen.
Ein früher Beleg für eine Art Adventskalender stammt aus einem Kinderbuch von Elise Averdieck aus dem Jahr 1851: „Abends, wenn die kleine Elisabeth zu Bette ist, dann erzählt ihnen die Mutter immer etwas von der Weihnachtsgeschichte, und sie lernen und singen viel Weihnachtslieder. Jeden Abend kommt ein neues Bild an die Tapete, und die Kinder wissen es schon, wenn alle vierundzwanzig Bilder an der Tapete hängen, dann ist Weihnacht da“. Auch Kreidestriche an der Türe von denen täglich einer weggewischt wurde oder täglich in die Krippe gelegte Strohhalme dienten dem kindlich nachvollziehbaren Abzählen.
Die ersten Adventskalender hießen noch „Nikolauskalender“, da sie am 6. Dezember zum Nikolaustag verschenkt wurden. Bald schon begann der Kalender aber mit dem 1. Dezember und so folgte der Name „Weihnachtskalender“ und schließlich bürgerte sich die Bezeichnung „Adventskalender“ ein, zumal auch vereinzelt Kalender mit der jährlich variablen Anzahl der Adventstage auftauchten.
Der älteste gedruckte Adventskalender ist auch kein Kalender im klassischen Sinn, sondern eine Uhr. Es ist vermutlich die „Weihnachtsuhr für Kinder“ aus dem Jahr 1902, mit drehbarem Messingzeiger, deren Zifferblatt mit 13 beginnt und dessen Felder vorwiegend Weihnachtsliedstrophen enthalten.
Als der „Erfinder“ des gedruckten Adventskalenders gilt jedoch Gerhard Lang (1881-1974). Als Kind hatte er von seiner Mutter 24 Gebäckstücke auf einem Karton aufgenäht bekommen, von denen er täglich in der Vorweihnachtszeit eines aufessen durfte. Sich daran erinnernd, brachte er 1908, nach einem Vorlaufprojekt aus dem Jahr 1904 und seinem Beitritt zu „Reichhold & Lang, lithographische Kunstanstalt G.m.b.H., München“ (=RLM), den ersten gedruckten und käuflich erwerbbaren Adventskalender heraus. Mit diesem Weihnachtskalender (Motiv: „Im Lande des Christkinds“), der vom damals schon berühmten Illustrator Ernst Kepler gezeichnet war, löste er ihre kontinuierliche Verbreitung aus.
Die ersten Adventskalender wurden in nummerierten Auflagen herausgegeben. Wenngleich sich anfangs der Absatz noch schleppend vollzog und der erste Weltkrieg die Popularisierung des Adventskalenders zunächst stoppte, so setzte ab 1920 eine steigende Nachfrage ein, die eine Ausweitung der Motivvielfalt zur Folge hatte. Adventskalender wurden von nun an auch in mehreren Ausführungen, variierend in Größe, Preis und Stabilität, auf den Markt gebracht. So kam um 1927 „Im Lande des Christkinds“ als Abreißblock mit dazugehörigem „Bilder-Album“ heraus, in das man die Kalenderblattbilder einkleben konnte. Um 1926 brachte Lang in einer Ausgabe des Adventskalenders „Die Christrose“ den ersten Adventskalender mit 20 Schokoladenstücken der Fa. Stollwerck heraus. Um 1930 erscheint „Im Lande des Christkinds“ auch für blinde Kinder.
Schon Ende der 1930er wurden Adventskalender von zahlreichen Verlagen geführt. Unter anderem auch vom Franz Eher Verlag, der aufgrund seiner parteipolitischen Bedeutung in den 40er Jahren als einziger Verlag vom Druckverbot für Bilderkalender ausgenommen war und somit auch in Kriegszeiten Adventskalender produzieren durfte. In der NS-Zeit wird allerdings der Name des „Adventskalenders“ in „Vorweihnachts-Kalender“ geändert und die traditionellen Bilder und religiösen Inhalte durch die „neue“ Symbolik und ideologische Inhalte ersetzt. Sofort nach dem Zweiten Weltkrieg erholte sich die Adventskalenderproduktion schnell und trat sogar ihren Siegeszug nach Übersee an.
Gedruckte Adventskalender waren und sind in ihrer künstlerischen Gestaltung auch immer Ausdruck der zeitgenössischen Kunst, egal ob es Adventskalender zum Aufstellen, Aufhängen, Ausschneiden, Abreißen oder Aufkleben sind, ob man Fenster öffnen oder Deckblättchen heraus brechen kann, ob sie eindimensional oder dreidimensional sind, ob man Figuren dazu stecken oder nur die Bilder oder Texte betrachten kann.